Religionspolitik Friedrichs des Großen

Die Religionspolitik Friedrichs des Großen war weitgehend von Toleranz geprägt.

So sprach er sich dafür aus, „dass jeder nach seiner Façon selig werden“ solle.

Friedrich und die Religion

Obwohl Preußenkönig Friedrich II. selbst nicht besonders gläubig war und religiöse Zeremonien und Rituale sogar als lächerlich empfand, zeigte er sich in seiner Religionspolitik für die damalige Zeit ungewöhnlich tolerant.

Das lag auch daran, dass Friedrich im Unterschied zu vielen Monarchen einen aufgeklärten Absolutismus vertrat.

So war der Preußenkönig der Ansicht, dass der König dem Wohl des Staates zu dienen hatte. Dies beinhaltete auch religiöse Toleranz.

Offenheit und Toleranz gegenüber ausländischen Einwanderern war für den preußischen Staat auch aus wirtschaftlicher Sicht von Vorteil.

Schon die Vorgänger Friedrichs des Großen hatten sich Einwanderern sowie religiösen Minderheiten wie Katholiken und französischen Hugenotten gegenüber tolerant gezeigt.

Jeder soll nach seiner Façon selig werden!

Am 22. Juni 1740 tätigte der junge Preußenkönig seinen berühmt gewordenen Ausspruch „Jeder soll nach seiner Façon selig werden“.

Mit diesem Satz unterstrich er seine tolerante Religionspolitik. Am selben Tag regte er an, dass alle Religionen toleriert werden müssen.

Diese Anmerkungen erschienen als Randnotiz zur Frage, ob die katholischen Kirchen in Preußen abzuschaffen sein, da die Einwohner des Landes in der Mehrheit Protestanten waren.

Von dem jungen König wurde die Schließung der Gotteshäuser jedoch abgelehnt.

Stattdessen sprach er sich für Toleranz aus, sodass Preußen zum ersten Land wurde, in dem die verschiedenen Glaubensrichtungen friedlich miteinander leben konnten.

Friedrichs Religiosität

Friedrich selbst zeigte sich nicht besonders religiös.

Dennoch war er in Kenntnissen über die Bibel und die Geschichte der Kirche gut bewandert, was auf die strenge Erziehung durch seinen Vater, den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. (1688-1740), zurückging.

1760 sagte Friedrich einmal, dass sein Vater einen Theologen aus ihm machen wollte.

Überaus interessiert war Friedrich zudem an theologischen und philosophischen Fragestellungen, mit denen er sich sein ganzes Leben über schriftlich befasste.

Kein anderer König seiner Zeit arbeitete wie Friedrich derart als theologischer Schriftsteller. Dieser Umstand deutet darauf hin, dass ihn der christliche Glaube doch nicht völlig kalt ließ.

Wenig Verständnis zeigte Friedrich jedoch für traditionelle religiöse Bräuche und Zeremonien, über die er sich häufig mit scharfem Sarkasmus lustig machte.

Im Unterschied zu seinem Vater vermied er Gebete, Besuche des Gottesdienstes sowie fromme Aussagen.

Ein radikaler Atheist wie Voltaire (1694-1778) war Friedrich der Große allerdings auch nicht. Ebenso lehnte er den atheistischen Materialismus ab.

Immer wieder tätigte der König in religiösen Fragen widersprüchliche Aussagen, die nicht zusammenpassen wollten.

Die grundsätzlichen Lehren von Kirche und Bibel lehnte Friedrich in seinen Schriften ab.

Dazu zählten die altkirchliche Meinung über Jesus Christus, das trinitarische Gottesverständnis sowie die Lehre von Jüngstem Gericht und Auferstehung.

Ebenso wenig überzeugte ihn die Rechtfertigungslehre der Reformation.

Prägend für Friedrichs Religionsverständnis war letztlich die Aufklärung.

Daher war er nicht bereit, sich fremden Autoritäten wie Bibeltexten und dogmatischen Traditionen zu unterwerfen.

Anspruch auf Wahrheit und Wirklichkeit hatte für Friedrich ausschließlich die Vernunft.

Außerdem bildete die Ethik für ihn den Kern der Religion.

Die moralische Verkündigung durch Jesus schätzte er hoch ein.

Als höchsten Gott betrachtete er aber die Pflicht.

Dass Friedrich durchaus an Gott glaubte, zeigte sich in einem Brief an die sächsische Kurfürstin Maria Antonia (1724-1780).

Darin schrieb er, „dass er sich der allmächtigen Hand Gottes, die ihn führt, anvertraut und sich seinem Schicksal überlässt“.

Friedrich war außerdem davon überzeugt, dass Gott der Welt einen Sinn gegeben hatte.

Dabei sollte Gerechtigkeit innerhalb des menschlichen Zusammenlebens herrschen.

Das Gewissen würde dem Menschen zeigen, was er tun konnte und was er besser lassen sollte.

Praktische Erwägungen

Bei seiner toleranten Religionspolitik wurde Friedrich der Große auch von praktischen Erwägungen geleitet.

So war Preußen zum Teil dünn besiedelt und auf Zuwanderung angewiesen.

Die Zuwanderer gingen wiederum verschiedenen Glaubensrichtungen nach.

Aus den religiösen Angelegenheiten dieser Gruppen hielt sich Friedrich heraus. So zeigte der preußische Staat eine konfessionelle Gleichgültigkeit.

Es war daher egal, ob es sich bei den preußischen Untertanen um Katholiken oder Protestanten, Lutheraner oder Calvinisten sowie Juden oder Moslems handelte, solange sie ihre Pflichten dem Staat gegenüber erfüllten.

Seine religiöse Neutralität bewies Friedrich II. nach der Eroberung Schlesiens, das sich weitgehend aus Katholiken zusammensetzte.

So machte er 1747 den Katholiken in Berlin ein Grundstück zum Geschenk, auf dem sie mit der St. Hedwigs-Kathedrale die erste Berliner katholische Kirche seit der Reformation errichteten.

Dabei trug Friedrich sogar selbst zur Finanzierung des Baus bei.

Letztlich galt Friedrichs Liebe aber nicht einer Kirche, sondern dem Staat, den er grundlegend veränderte.

Einsatz für die Jesuiten

Sogar für die Jesuiten setzte sich der Preußenkönig ein.

Im Jahr 1773 ordnete Papst Clemens XIV. (1705-1774), der politisch und innerkirchlich unter Druck gesetzt wurde, das Ende des Jesuiten-Ordens an.

Friedrich der Große widersetzte sich jedoch diesem Streben und sorgte dafür, dass die Jesuiten an den Schulen Schlesiens bleiben durften, wobei er sich erneut als Realpolitiker erwies.

Friedrich der Große und die Juden

Weniger tolerant zeigte sich Friedrich II. den Juden gegenüber.

Zwar gestattete er ihren Eliten, sich in den preußischen Großstädten anzusiedeln, doch behielt er die absolutistische Politik seiner Vorgänger bei.

Dies bestätigte er durch das revidierte Generalprivileg von 1750.

Dabei handelte es sich um die landesherrliche Judenordnung des Königs, die die bisherige Politik der Preußenkönige fortsetzte.

Darin wurden die preußischen Juden in sechs Klassen unterteilt, die unterschiedliche Niederlassungsrechte besaßen.

Bereits Friedrichs Vorgänger Friedrich I. (1657-1713) sowie der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. sorgten für eine zahlenmäßige Begrenzung der Juden in Preußen, wobei sie gleichzeitig deren Wirtschaftskraft nutzten und ihre Steuerleistungen erhöhten.

In seinem politischen Testament von 1752 zeigten sich auch bei Friedrich II. einige Vorurteile gegenüber den Juden.

So schrieb er darin, „dass der Herrscher eine Einmischung der Juden in den Großhandel sowie einen Anstieg ihres Bevölkerungswachstums verhüten und ihnen bei Unehrlichkeit das Asylrecht entziehen müsse“.

Durch unerlaubten Profit würden sie nach Friedrichs Auffassung der Wirtschaft Schaden zufügen.

Sein ganzes Leben über behielt Friedrich II. seine restriktive Politik gegenüber den Juden bei.

Für eine Verminderung des Drucks auf diese Glaubensgemeinschaft setzte er sich nicht ein.

Eine Verrechtlichung der jüdischen Existenz in Preußen blieb trotz Friedrichs toleranter Religionspolitik aus.

Im Gegenteil: Durch das revidierte Generalreglement von 1750 sahen sich die Juden einer ständigen Überwachung ausgesetzt.

Beim Immobilienbesitz sowie in der Handelstätigkeit waren die Juden von zahlreichen Einschränkungen und Verboten betroffen.

Mit der neuen Regelung hatte Friedrich sogar die Vorschriften des Reglements von 1730, das von seinem Vater erlassen worden war, noch verschärft.

Friedrich nicht der Erfinder der preußischen religiösen Toleranz

Trotz seiner Verdienste um eine tolerante preußische Religionspolitik war Friedrich der Große nicht ihr Erfinder.

Sie hatte ihre Tradition bereits in Brandenburg-Preußen, als Kurfürst Johann Sigismund im Jahr 1613 zum reformierten Glauben übertrat, dies aber nicht von seinen Untertanen verlangte, obwohl dies rechtlich möglich gewesen wäre. Stattdessen setzte er auf Gottes Erbarmen.

Sigismunds Nachfolger führten diese Toleranzpolitik fort.

Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620-1688) lud 1685 in einem Edikt sogar die Hugenotten, die in Frankreich von Ludwig XIV. verfolgt wurden, nach Preußen ein.

Ähnliches tat auch Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., als er Protestanten, die aus Salzburg vertrieben worden waren, die Ansiedelung in Preußen gestattete.

Insofern setzte Friedrich der Große ab 1740 die tolerante Politik seiner Vorgänger fort.

Dabei erlaubte Friedrich sogar Türken und Heiden, in Preußen Moscheen und Tempel zu bauen, solange sie dies in ehrlicher Absicht taten und dem Staat nicht schadeten.

Friedrichs Widersprüche

Eine exakte Bilanz über Friedrichs Religionspolitik zu ziehen fällt nicht leicht. So tätigte er wiederholt widersprüchliche Aussagen.

Auf der einen Seite äußerte er sich oft verächtlich über die religiösen Traditionen und Rituale der Gläubigen, andererseits gestattete er aber ausdrücklich jeder Glaubensrichtung deren Ausübung.

Großen Einfluss auf Friedrich II. übten auch bedeutende Philosophen wie vor allem Voltaire aus.

Eine Abschaffung des Christentums, wie sie sich der französische Philosoph wünschte, lehnte er jedoch ab.

Stattdessen empfand der Preußenkönig Religion und Kirche als durchaus positiv für die Gesellschaft.

Den Glauben an Gott hielt Friedrich der Große für überaus wichtig, um die Moral zu begründen und den Aberglauben abzuwehren.

Staat und Religion mussten aber strikt voneinander getrennt werden.

Aus den Streitigkeiten der Politik sollte der Name Gottes herausgehalten werden.

Außerdem betrachtete sich Friedrich gewissermaßen als „Papst der Lutheraner und kirchliches Oberhaupt der Reformierten“.

Dabei spielte es keine Rolle für ihn, ob der preußische König gläubig war oder nicht.

Trotz aller Probleme war die Religions- und Toleranzpolitik Friedrichs des Großen im Vergleich zu anderen Staaten, wie zum Beispiel dem Königreich Frankreich, geradezu vorbildlich.

Religiöse Freiheiten bestanden in Frankreich kaum und der Katholizismus galt als einzig wahrer Glaube.

Während in der Öffentlichkeit Friedrich oft Gleichgültigkeit gegenüber dem christlichen Glauben zu erkennen gab, äußerte er sich in freundschaftlichen Briefen oder persönlichen Gesprächen oft deutlich positiver.

So sah er in Gott einen Schöpfergott, der den Menschen ihren freien Lauf ließ, ohne dabei selbst in den Lauf der Dinge einzugreifen. Daher lässt sich Friedrichs Vorstellung von Gott eher dem Deismus zuschreiben.